Förderkulisse Südostniedersachsen – Landkreis Helmstedt – Situation 2013

13.5.2013

Wie die Braunschweiger Zeitung in Ihrer Online-Ausgabe vom 12.5.2013 unter „Region bei EU-Fördergeld benachteiligt“ schreibt, werden allenthalben von profundesten gesellschaftlichen Vertretern immer wieder dieselben Gründe dafür angeführt, dass die Region östlich von Peine und südlich von Gifhorn weniger Fördermittel bekomme als z. B. der Nordwesten Niedersachsens.
Einige der Aussagen sind rein symptomatisch bezogen richtig. Es ist richtig, dass stark verschuldete Kommunen keine Kofinanzierungen für Fördermittel zur Verfügung stellen können. Es ist auch richtig, dass dadurch ein Ungleichgewicht entsteht hinsichtlich des Abrufens von möglichen Fördermitteln innerhalb von Niedersachsen.
Haarscharf daneben ist die Aussage des amtierenden IHK-Präsidenten von Braunschweig, dass es im Landkreis Helmstedt nicht genügend Betriebe gäbe, die die Fördermittel abrufen könnten. Vielleicht lebt er dank seiner unternehmerisch induzierten Fokussiertheit in einer anderen Welt oder es kennzeichnet ihn eine angeborene Blindheit vor den Tatsachen und in Kombination eine ständige Lust daran, seine eigene Weltanschauung stets und überall zum Besten zu geben. Ohne Tatsachen abzufragen, um dann den Wirkungsbereich schlecht zu reden, in dem er lebt, ist für Helmstedter Verhältnisse ja gesellschaftlich gesehen typisch und gehört dort zum guten Umgangston. Doch die Fakten sind andere. Natürlich sind ausreichend Unternehmen vorhanden, die die Fördermittel abrufen, doch die kreisangehörigen Kommunen, die zumindest bei einem Programm die Kofinanzierungsverantwortung tragen, reden sich seit Jahren damit heraus, man könne nicht, man dürfe nicht und folglich man wolle nicht Unternehmen fördern.
Und die wenigen Fälle, die dann übrig bleiben, werden dann noch herabgewürdigt vom eigenen IHK-Präsidenten und das trotzdem immerhin – zumindest nach einschlägigen Informationen über 200 Arbeitsplätze neu geschaffen werden konnten.
Doch darum soll es hier und jetzt gar nicht gehen.
Es geht vielmehr darum, was die eigentlichen Ursachen für die Nichtinanspruchnahme von Fördermitteln sind. Das sei am Beispiel des Landkreises Helmstedt einmal mehr etwas detaillierter dargestellt.
Der Landkreis Helmstedt und seine kreisangehörigen Städte und Gemeinden sind stark verschuldet. Woran liegt das genau? Der Grund ist, dass der Landkreis Helmstedt die überbordenden Sozial- und Jugendausgaben, die ihm durch Bundes- und Landesgesetze auferlegt wurden, nicht anders bezahlen kann als durch die Aufnahme von Krediten! Und da sowohl Land wie auch Bund über die Kreisebene als unterste staatliche Ebene hochherrschaftlich verfügen können wie einst ein Gutsherr über sein Gesinde und seine Leibeigenen und die unterste staatliche Ebene Landkreis keinerlei weitere Einnahmen als die Jagdsteuer, die Kreisumlagen sowie eben die Landes- und Bundeszuweisungen für Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis aufzuweisen hast.
Die Jagdsteuereinnahmen als einzige steuerliche Einnahmequellen eines Landkreises sind negierbar, da sie so gering ausfallen, dass sie noch nicht einmal von der Höhe als Zinstilgungsbetrag auch nur eine geringste Auswirkung hätten.
Die Kreisumlagen können vor allem in Anbetracht des Urteils des Leipziger Bundesverwaltungsgerichts vom 31.1.2013 (link: http://www.bverwg.de/entscheidungen/entscheidung.php?ent=310113U8C1.12.0) auch nicht ohne weiteres und die kommunale Selbstverwaltung strapazierende bzw. obsolet stellende Quotienten erhöht werden.
Die Landeszuweisungen haben allerdings in der Weise im Sinne der verfassungsrechtlich verankerten Konnexität zu erfolgen, dass eben jene gerade angesprochene und verfassungsrechtlich als höchstes Gut geschützte kommunale Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG nicht gefährdet ist. Dieses hat im letzten Jahr der Verfassungsgerichtshof Rheinland Pfalz in seinem Urteil vom14.2.2012 in Sachen Normenkontrollverfahren Landesfinanzausgleichsgesetz Landkreis Neuwied gegen das Land Rheinland Pfalz unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.
Insofern wird in dem Artikel im Grunde genommen hervorragend um den heißen Brei geredet und man klagt und jammert und heult und zetert, doch die gesetzlichen Grundlagen und vor allem diese wegweisenden Urteile werden nicht angeführt, um zweifelsfrei darzulegen, welches die eigentlichen Ursachen für die fehlenden Kofinanzierungsmittel in den in den Fördergebietskulissen befindlichen Landkreise in Südostniedersachsen nachvollziehbar darzulegen.
Nun könnte man ja meinen, dass das Gleichnis mit den Krähen und dem etwaigen Augenaushacken hier zutreffen könnte. Doch das ist es sicherlich nicht, denn auch bei unterschiedlichen parteigebundenen Mehrheitsverhältnissen zwischen Land und Kreisens kam es in Niedersachsen bis dato zu keinerlei Klage in diesem Kontext. Es sind also einmal mehr die ehrenamtlichen und parteizugehörigen PolitikerInnen in den Landkreisen sowie die hauptamtlichen Repräsentanten, die adäquate rechtliche Schritte gegen die bestehende missliche Finanzsituation nicht vornehmen. Wobei ehrlich gesagt werden muss, dass es zumindest einen konkreten Fall gibt, bei dem der damals amtierende Landrat eben das vorhatte (Klage gegen das Land in Sachen fehlender Konnexität) und dann von der eigenen Partei zurückgepfiffen wurde. In dem Fall bestand eine CDU-Mehrheit.
Ein weiterer, in diesem Artikel nicht angesprochener Aspekt ist der, dass man von einer Gießkannenförderung nun weiß Gott nicht sprechen kann, denn alle bekannten Fördergebietskulissen sind unterlegt mit Schwerpunktfindungen seitens der Akteure vor Ort. So dient z. B. ein sog. integriertes ländliches Entwicklungskonzept als Grundlage für die ELER-Förderung, eine regionales Entwicklungskonzept für die GRW-Förderung u.e.m..
Und nun zu dem m. E. profundesten Kritikpunkt, der in dem o.a. Artikel nicht zur Sprache kam, was im Übrigen darauf hinweist, dass die amtierenden Hauptverwaltungsbeamten – zumindest jene, die in dem besagten Artikel zitiert werden – sich nicht trauen oder es einfach fachlich gesehen nicht auf den Schirm bekommen. Dieses drum herumreden und -lamentieren geht schon an die Schmerzgrenze, denn nicht zuletzt der Niedersächsische Städte und Gemeindebund wie auch der Niedersächsische Landkreistag haben eine dezidierte Meinung zur kommunalen Finanzierung, dem Entschuldungspakt und dazugehörigen resp. im Kontext Entschuldung stehenden Zukunftsverträgen.
Um die werte LeserInnenschaft nicht überzustrapazieren sei hier nur auf das Dokument „Klare Worte“ des Niedersächsischen Städte und Gemeinebundes verwiesen, das Sie hier einsehen können, verwiesen.
Zu guter Letzt möchte ich noch auf weltverbesserlichen Aussagen eines Herrn Tanke (SPD – Kreis Gifhorn) und einer Frau Emmerich-Kopatsch (SPD – Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion für EU-Angelegenheiten eingehen. Sie beide geben nur Allgemeinplätze wider, die keinerlei tatsachenbelegbare Inhalte aufzuweisen haben und, was leider typisch ist für parteigebundene FunktionsträgerInnen, sie über nur Schmähkritiken. Die hier gemachten Äußerungen sind inhaltlich wie auch funktionsbezogen diffamierend und stellen die ernsthaften und aufgabenbezogenen Arbeiten in der Vergangenheit in ein völlig falsches Licht. In einem Förder- oder Zuwendungsbescheid steht natürlich nichts von der Entscheidungsfindung in Sachen Förderhöhe. Da hat dort auch wirklich nichts zu suchen. Und das wird auch die SPD-Landesregierung nicht ändern, denn das ist Zuwendungs-und damit auch Landeshaushaltsrecht. Tanke´s Aussagen zu einer fehlenden Kooperation sind schlicht blasphemisch, denn sie verkennen seine eigene Fehlbarkeit in Funktion als Verbandsvorsitzender des Zweckverbandes Großraum Braunschweig. Hier wird qua Gesetz und teuer finanziert durch Umlage bei den Städten und Landkreisen aufgabenbezogen kooperiert und das seit Jahren. Und falls ein Herr T. es noch nicht vernommen hat, ähnliche Kooperationen gibt es ebenfalls aufgabenbezogen mindestens zwei-Hände-voll-weise in seinem direkten Umfeld. Dieses typische Schlechtreden von amtierenden und funktionierenden Strukturen ist gerade aus eigentlich qua Funktion und Erfahrung berufenem Mund mehr als schädlich und vor allem destruktiv.

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