Allianz für die Region – oder Region für die Allianz als neuer Verantwortungsgemeinschaft

Es verdichten sich bis zur Mitte des Jahres 2013 immer mehr die Hinweise, dass die Stadt Wolfsburg und damit die Volkswagen AG aufbricht, um eine Region neu zu gestalten. Das neue Weltimage der Volkswagen AG scheint dazu angetan, dass es nun umso mehr gilt, eine industrielle Region zu bilden, die der Marke entspricht. Konnte man vor Jahren noch einzelne Entwicklungsziele aus den umliegenden Landkreisen und Städten vernehmen, die nicht autoaffin waren, z. B. um eine höhere sozio-ökonomische Diversität und damit Stabilität zu schaffen, so sind diese Argumentationslinien inzwischen völlig verschwunden.

Solche, die sie äussern und auf die Konsequenzen der Monostrukturierung hinweisen, werden geradezu als Feinde, Netzbeschmutzer, Weltfremde u.ä. diffamiert. Solche Kritiker werden schnell als Hemmschuhe und störende Elemente klassifiziert, deklariert und dann eliminiert.

Umso stärker ist denn auch der Einfluss der Volkswagen AG in den politischen und anderen entwicklungsrelevanten Gremien in der direkt umliegenden Region um Wolfsburg geworden. Ein gutes Beispiel ist die Umwandlung der Projekt Region Braunschweig GmbH in die Allianz für die Region GmbH Ende 2012 Anfang 2013. Waren in letzterer in den vergangenen Jahren noch Menschen anzutreffen, die aus anderen Systemzusammenhängen als der des Automobilbauers stammten, hat zwischenzeitlich eine vollständige Machtübernahme Wolfsburgs stattgefunden. Und die gesamte Region schweigt dazu, denn die Targets der VW AG und damit all ihrer Servicewerkzeuge, wie z. B. der WOB AG werden klar, nachhaltig und unnachgiebig als das WORT GOTTES dargestellt. Sicherlich ist das aus Sicht des Autobauers zielführend, für die aus vielen anderen Facetten bestehende Region ist es lebensgefährlich! Die Monostruktur ist nur solange gut wie sie auch funktioniert, also solange die Produkte dieses Industrieapparates und Shareholder-value-steigernden, ressourcenschluckenden Industriemolochs auch vom Markt abgenommen werden. Was wenn das aber plötzlich nicht mehr der Fall ist. So hoch dann eine Region und ihr politisch-lobbyistisches Marionettenspiel gestiegen sein mögen, der dann eintrettende Absturz ist gesamtsystemisch betrachtet folgenreich und bemerkenswert schmerzhaft, vor allem wenn keinerlei andere sozio-ökonomische Strukturen vorhanden sind, um den dann stattfindenden monetären nationalökonomischen  Super-Gau abzufedern. Und nur weil alle an ein (VW-)Ziel glauben und es geradezu Rosenkranz abbetend im Sinne von steter Tropfen höhlt den Geist als Diktat der Zeit auch dem Letzten in der Region einzubläuen angetreten zu sein scheinen, bedeutet das leider überhaupt nicht, dass dem auch so sein wird und dass der Markt das auch entsprechend mit gleichbleibenden oder zunehmenden Konsumptionsquoten goutiert. Zudem etabliert eine soziale und einkommensgenerierende Diversität auch gleichzeitig eine kulturelle Präposition, die als Signum einer Region charakterisierend sein kann für Vielfalt, Toleranz und sozio-kulturelle Innovation, welche im Krisenfall einer Branche als abfederndes Element wirksam werden kann.

Es ist natürlich gut und zielführend, dass sich eine Region zu dem größten Arbeitgeber bekennt und sich so gut sie eben kann auch auf die Erweiterungswünsche der Zulieferer und der Hauptproduktionsstätte einstellt, doch die momentan stattfindende Okkupierung aller strategischen Entwicklungsgesellschaften ist m. E. sehr kritisch zu bewerten, denn sie birgt die eben dargestellte letale Gefahr eines umfassenden und dann regionalen Infarkts. Dass diese Okkupation zur rechten Zeit kommt, steht für Autor ausser Frage, denn die staatlichen und halbstaatlichen Institutionen auf der kommunalen und regionalen Ebene sind dank gesetzlicher Auflagen aus dem Sozial- und Jugendbereich dem Untergang geweiht und dermaßen verschuldet, dass sie inzwischen handlungsunfähig sind und als Korrektiv nicht mehr zu gebrauchen sind. Und in genau diese strategische Schwäche stößt stark, unaufhaltsam und durchgreifend die VW-Initiative. Sie übernimmt über die Wolfsburg AG alle strategischen Schaltstellen und wird ähnlich der Geo-Engineering-Okkupation Macht, Geldtransfere und Menschenmaterialströme, so als wolle sie sagen: Wir machen das schon! Alles wird gut! Wir können es so und so besser!

Mag sein, dass dem so ist, doch ich persönlich habe ein mulmiges Gefühl dabei, denn die historische Betrachtung solcher Sozial- und Kulturokkupationen lehrt eines: Vorsicht vor dem Big-Bang, der dann alles Gewesene völlig ausradiert.

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