Neue Breitbandinfrastruktur – Niedersachsen – Landkreis Helmstedt – Region Braunschweig – Wolfsburg – Salzgitter, oder wie man sicherere Internetstrukturen auf kommunaler Ebene etablieren könnte

10.02.2014

Breitbandinfrastrukturen gehören zu den wichtigsten Infrastrukturen unserer postindustriellen Gesellschaft. Ohne schnelle Internetverbindungen geht heute so gut wie nichts mehr. Selbst neu angeschaffte Fernseher „telefonieren“ mit zuhause. Neuste Gebäudesteuerungstechnik beschert uns die Möglichkeit, die Beleuchtung, die Heizung, die Bewässerung und vieles mehr über unser Handy zu steuern und deren Status abzufragen.

Doch was ist mit der Sicherheit unserer internetbasierten, modernen Welt? Haben wir nicht alle einen Internetvertrag, der uns mit den großen Akteueren auf dem Markt verbindet!? Doch, haben wir, denn wir haben keine Alternativen. Und selbst wenn wir einen Vertrag mit einem kleinen Marktunternehmen haben, so laufen spätestens alle unsere Daten über eine bestehende Glasfaserinfrastruktur mit festen Knotenpunkten, wie z. B. dem wichtigsten Knotenpunkt Frankfurt am Main.

Und spätestens seitdem wir wissen, dass das Handy unserer Bundeskanzlerin durch die NSA abgehört wird (und wer weiß nicht von wem noch alles? Auch Herr Putin und sein Überwachungsstaat haben sicherlich vertärktes Interesse an den Daten von Frau Merkel!)wissen wir als Normalbürger, dass seitens der Politik, die die NSA in Ameriak überhaupt legitimiert hat, überhaupt kein Interesse daran besteht, das Abhören aufzuhören. Unsere Sms, unsere Mails, unsere Internetspuren – alles ist abhörbar!

Und warum ist dem so?! Rein technisch betrachtet ist das Lauschen der verschiedenen staatlichen oder vom Staat beauftragten Firmen deswegen so einfach, weil jede Kommunikation über ein festgelegtes System von Glasfaserkabeln und entsprechenden gefixten Knotenpunkten läuft. Und dieses System ist relativ einfach zu manipulieren und erst recht ganz einfach abhörbar, vor allem, wenn die Daten, wie im Falle aller amerikanischen Firmen frei veräusserlich sind und somit seitens dieser Unternehmen auch nur zu gerne verkauft werden. In diesem Fall benötigt es gar keiner besonderen technischen Fähigkeiten, da Sie als NutzerIn in den AGB bereits zugestimmt haben, dass ihre Daten für spezifische Zwecke des Unternehmens zur Verfügung stehen. Anders verhält es sich mit unserer Mailkommunikation, denn hier gehen Sie vielleicht davon aus, dass das niemand mitlese. Leider Fehlanzeige! Jeder kann mitlesen, vor allem, wenn er sich an den Knotenpunkten einklinkt und dann Suchprogramme andockt, die die gesamte Mailkommunikation nach bestimmten Kriterien durchleuchten und filtern läßt. Und wenn Sie das große Glück haben und z. B. in der Türkei leben, dann dürfen Sie gerade ganz aktuell miterleben, wie ein diktatotisch veranlagter Ministerpräsident Erdokan und seine Mehrheitspartei ein Gesetz verabschiedet haben, das sowohl eine Vorratsspeicherung von zwei Jahren erlaubt und, was hier in den Kontext passt, eine Sperrung von Internetseiten durch die staatliche Kommunikationsbehörde binnen weniger Stunden OHNE richterliche Anordnung ermöglicht.

Durch diese Beispiele möchte ich exemplarisch darstellen, wie man dieses neue Medium Internet inzwischen kontrolliert, abhört und vor allem eines – fürchterlich misbraucht! Der angebliche Misbrauch von Darknets ist zweifelsohne vorhanden, doch er steht dem staatlichen Kontroll-, Zensur- und Abhörzwang in Nichts nach. Man kann das Internet somit als ein Medium beszeichnen, das längst seine Jungfräulichkeit verloren hat. Gegenüber den Zeiten euphorischen Jubelns über die sog. neuen Medien und ihre Möglichkeiten ist inzwischen allenthalben Ernüchterung eingezogen und die noch vor wenigen Jahren dargestellten Möglichkeiten freier Meinungsäusserung, Bildung und Zugang zu Bibliotheken sind nicht mehr vorhanden und oder werden nach wie vor sehr zurückhaltend seitens der zuständigen Institutionen gehandhabt. Dennoch sind die Potenziale für immer mehr und immer vielfältigere Anwendungen gewaltig.

Wichtig ist alleine, die Zugriffsmöglichkeit von aussen abzustellen und somit auch eine höhere Abhör- und Misbrauchsmöglichkeit zu verhindern.

Gibt es denn überhaupt eine abhörsichere Internetstruktur? Klare Antwort: Nein, es gibt keine abhörsichere Internetstruktur. Doch es gibt sicherere Strukturen als die, die wir momentan haben!

Wie könnte so eine Struktur denn aussehen? Es gibt in der Fachliteratur wie auch in der Fachdiskussion zu diesem Thema zur Zeit eine Tendenz in Richtung Etablierung kommunaler Netze, bei denen z. B.  die kreisfreien Städte und die Landkreise jeweils als Provider auftreten und ein eigenes Netz auf eigenen Kabeln und Richtfunkstrecken für ihren Teil der Haushalte zur Verfügung stellen. Und wenn sich nach und nach nachbarliche Gemeinden ebenfalls diesem Modell zuwenden und entsprechende Infrastrukturen als Provider entwickeln, hat man über kurz oder lang eine dezentral organisiertes Netz von Internetanbietern. Der Nachteil ist, dass es bei einzelnen und damit deutschlandweit und international gesehen ersten Anbietern dann folglich auch nur Angebote aus diesem Bereich geben wird, die die NutzerInnen abrufen können. Sie können chatten, Newsgroups einrichten, einkaufen – aber eben nur von Anbietern aus dem jeweiligen lokalen Netz. Das sieht zunächst nach einem gewaltigen Rückschritt aus. Ist es auch – doch wenn sich mehr und mehr anschliessen, sind Verbindungen zu den anderen Kommunal- und doer Regionalnetzen durchaus möglich. Eine technische Lösung, um am Gesamt- oder Kommunal-Regionalnetz teilhaben zu können, stellen Proxy-Server dar, die sich in öffentlicher Hand befinden, damit das Surfen anonymisiert werden kann oder es eben deutlich schwieriger ist, die Spuren im Netz NutzerInnen zuzuordnen. Zudem können dann zumindest Informationen relativ anonymisiert abgerufen werden. Unternehmen, die Angebote zum Kauf im Netz anbieten, wären dann gezwungen, Ihre Datenschutzbestimmungen offenzulegen, wenn Sie ihre Angebote im jeweiligen Netz auch darstellen wollen, um KäuferInnen zu bekommen. Der wichtigste Aspekt einer solchen Vorgehensweise wäre der der Sicherheit vor unbekannten und nicht genehmigten Abhörmassnahmen weil solche Netze, wie sie hier grob konzipiert werden, einer demokratisch legitimierten Kontrolle unterlägen. Zudem wäre der Aufwand für NSA und Co. ungemein viel höher und die Gegenkontrollmassnahmen um ein Vielfaches stärker und öffentlicher.

Der Pferdefuß ist wie immer das Geld. Aus den bisherigen Breitbandprojekten in Niedersachsen weiß man relativ genau, was solche Infrastrukturen kosten und wann sie sich amortisieren. Staatlich errichtete Netze haben den Vorteil, dass ganz andere Kreditkonditionen gelten, u.a. bei den Zinskonditionen und vor allem bei den Laufzeiten. Da solche Breitbandinfrastrukturen angemeldete NutzerInnen haben, die dann ihre monatliche Gebühr entrichten, wären bei eintsprechener Grundförderung seitens des Staates auch wirtschaftliche Erlöse denkbar, um die Anschaffungs- und Laufenden -Kosten sowie Personal- und Infrastrukturaufwendungen zu begleichen. Zudem bieten dezentrale Netze die Möglichkeit, dass Durchleitungen von „Partnernetzen“ und Spezialangebote weitere Einnahmemöglichkeiten bieten dürften.

Ganz sicher wäre der Aspekt der Sicherheit und Anonymität von NutzerInneninformationen um ein Vielfaches höher als bei den bestehenden zentralen Strukturen. Zur Verdeutlichung nur ein Beispiel aus der einschlägigen Literatur zu diesem Thema: am zentralen Knoten in Frankfurt laufen die Informationen von ca. 600 Anbietern aus Deutschland zusammen! Was denken Sie, um weivieles einfacher es ist, einen zentralen Knoten abzuhören? Doppelt so hoch, um ein Vierfaches, einhundertfaches oder einige tausend male einfacher und günstiger?!

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