Landratswahl Goslar 2.6.2013 – eine kritische Betrachtung des Wahlergebnisses

Als unlängst im Landkreis Goslar die Neuwahl eines Landrates anstand, war das im Grunde genommen nichts besonderes und man schaute nur beiläufig einmal im Internet, welche KandidatInnen sich um das höchste Wahlamt im Landkreis Goslar bewerben.

Und dann kam der Wahltag. Der 2.6.2013. Dieser Tag hat aus kommunalpolitischer und damit auch aus Sicht der demokratischen Grundordnung durchaus einen historischen Rang erreicht. Denn an diesem  Tag wurde die niedrigste Wahlbeteiligung seit Bestehen der Bundesrepublik im Landkreis Goslar verzeichnet. Mit 27,4% Wahlbeteiligung haben von den knapp 118.000 Wahlberechtigten im Landkreis Goslar einmal gerade knapp über 32.000 BürgerInnen ihre Stimme abgegeben.

Das ist ein kommunalpolitisches Debakel! Es ist die Bankrotterklärung der gesamten kommunalpolitischen Führungsebenen und aller demokratischen Parteien. Wenn nur noch ein Drittel der Wahlberechtigten den Schritt zur Urne antritt, dann kann man daraus sofort und unmittelbar eine Verweigerungshaltung und bestenfalls eine Ignoranz der untersten staatlichen Ebene ableiten, eben der Landkreisebene. Dass die BürgerInnen nicht wüssten, was auf dieser Ebene entschieden kann man getrost als proklamatische und zumeist parteipolitisch Schönfärberei eines ansonsten schockierenden Wahlergebnisses interpretieren. Die BürgerInnen sind sehr wohl darüber informiert, was in ihrem Landkreis Goslar von wem wie entschieden wird, doch es interessiert sie schlicht nicht mehr! Das ist aus demokratischer Sicht ernüchternd, denn was, wenn Wahlen sind und keiner geht mehr hin. Darf man dann den Umkehrschluss einer Interpretation wagen, dass eben die BürgerInnen mehrheitlich keine demokratisch legitimierten Gremien auf der den BürgerInnen naheliegendsten kommunalen Ebene mehr wollen?!

Der Autor denkt, dass das durchaus erlaubt ist! Die BürgerInnen des Landkreises Goslar haben eine Abstimmung mit den Füssen getroffen! Sie haben klar und deutlich durch ihre geringe Wahlbeteiligung gezeigt, dass es ihnen mehrheitlich völlig gleichgültig ist, wer ihr Landrat ist und wer damit die Landkreisverwaltung führt. Immerhin handelt es sich dabei um ein Haus mit über 700 MitarbeiterInnen., die zu 98% und mehr gesetzliche Aufgaben der Kontrolle, Einhaltung und Umsetzung gesetzlicher Vorgaben in ihrer tagtäglichen Arbeit  zum Ziel haben. Und damit dann natürlich auch im Ganzen den Alltag der BürgerInnen des Landkreises Goslar direkt oder indirekt mal mehr, mal weniger beeinflussen können.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Junge Union im Landkreis Goslar bereits frühzeitig einen zu frühen Wahltermin kritisierte und sich dafür einsetzte, dass man die Landratswahl mit der Bundestagswahl zusammen legen sollte. Sie befürchtete bereits drei Monate vor der Landratswahl im März 2013, dass die Wahlbeteiligung auf unter 40% fallen werde und forderte auf ihrer Internetseite etwas, was für eine Junge Union auch nicht überall auf der Tagesordnung zu finden ist: die Einführung eines Mindestwahlbeteiligungsquorums von 50%. Da schau an! Die junge Union fordert solch verfassungsrechtlich relevante Änderungen? Liegt es vielleicht daran, dass die CDU in der Oppsosition ist? Oder meinen die das ernst?!

Wie dem auch sei – es ist eine richtige Forderung und sie zeugt von einer vernünftigen, rekapitulierbaren und durchdachten Einstellung zu unserem Recht und Gesetz, vor allem zur demokratischen Teilhabe und – noch viel bedeutsamer – der Legitimation der demokratisch legitimierten, weil aus demokratischen, geheimen Wahlen hervorgegangenen Volksvertretungen. Denn wie sonst soll es denn noch funktionieren, wenn nicht so, dass mehr als die Hälfte aller Wahlberechtigten auch an Wahlen teilnimmt, um damit zu zeigen, was sie mehrheitlich befürworten oder eben ablehnen!? Wahlbeteiligungen unter 50% sind eine Farce und nur, um die bestehenden Strukturen nicht zu gefährden, kann es nicht sein, dass eben jene Strukturen keine sie mehrheitlich ligitimierenden Wahl- und Arbeitsaufträge seitens der Wahlbevölkerung erhalten. Darüber hinwegzusehen und alles beim Alten zu belassen, nur keinen Staub aufzuwirbeln, macht das  Dilemma schon bald zu einer ernsthaften Legitimationskrise, die sich wie auch immer den Weg bahnen wird in unseren Alltag. Dieses immer wieder zu beobachtende willentliche Wegsehen der etablierten Parteien macht die eigentliche Krise. Nicht die Bevölkerung, die nicht wählen geht. Es sind die Parteien und deren Mitglieder und ausgewählte Führungskräfte, die mehrheitlich in ihren Strukturen diese Krisensituation „wegschweigen“, ja „totschweigen“ und dadurch die Situation noch um ganze Zehnerpotenzen verschlimmern. Und da wäre es nur zu konsequent, wenn seitens des Gesetzgebers ein Qurom eingeführt würde und vielleicht sogar eine Wahlpflicht, dann aber mit der Möglichkeit, sich bei der Stimmabgabe zu enthalten!

So, wie im Landkreis Golsar und vor knapp einem Jahr im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt geht es auf keinen Fall weiter, denn wenn die Wahlbeteiligungen unter 50% liegen, besteht ein eklatantes und staatsgefährdendes Legitimationsproblem der repräsentativen Demokratie und all der mit ihr verbundenen Teilhabefunktionen.

 

 

 

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